von Marjetka Raušl, Slowenien

Am 23. März 2003 entschieden sich 66 % der slowenischen Wähler bei einer Volksabstimmung für den Beitritt des Landes in die NATO. Das Ergebnis war überraschend, da sich in Meinungsumfragen nur einen Monat vorher nur ein Drittel der Befragten für den Beitritt aussprach. Das es zu einem so riesigen Stimmenzuwachs in nur einem Monat kam, haben vor allem die slowenischen Journalisten zu verantworten. Und das nicht immer freiwillig. Es gab nämlich formelle und subtile Druckausübung auf die Journalisten und dadurch auch auf die übrige Öffentlichkeit.

Die Regierung bzw. das Außenministerium stellte eine Liste von NATO-skeptischen Artikeln zusammen. Die "schwarze" Liste beinhaltete die Namen aller Journalisten, die sich kritisch gegenüber der NATO geäußert haben und erinnerte damit an die Liste der Staatsfeinde aus dem alten totalitären Regime. Der Außenminister Dimitrij Rupel wiederholte mehrmals: "Die Gegner der NATO machen sowohl der Regierung Schwierigkeiten, wie auch dem ganzen Staat. Wer der Regierung widerspricht, im Fall des NATO-Beitrittes widerspricht dem Staat." Nach seiner Interpretation sollen alle Medien als Förderer der Macht dienen und keine kritische "vierte Gewalt" sein. Rupel erwartete von Journalisten einseitige Berichterstattung (die alle Slowenen von der NATO überzeugen soll). Und da viele Journalisten mitspielten, kam es zu einer Manipulation der Öffentlichkeit. Es gab nur wenige Medien, die Argumente dafür und dagegen vorgestellt haben. Die Mehrheit hat unter Druck der Einschüchterung nachgegeben. Die Einschüchterungsversuche waren Äußerungen, wie die von Verteidigungsminister Anton Grizold: "Wenn wir nicht der NATO beitreten, werden wir eine neue nationale Verteidigungsstrategie brauchen, die vom Pflichtmilitärdienst getragen wird. Dabei werden wir uns aber auch den Pflichtwehrdienst für Frauen überlegen müssen." Die Einschüchterungsversuche gingen noch weiter: es wird keine zweite Einladung zur NATO geben. Falls Slowenien "draußen" bleibt, wird es sich selbst nicht gegen Feinde wehren können. Und dann gab es von Ministern noch ein besonderes öffentliches Urteil: die Journalisten werden im Falle eines "Nein" der Slowenen bei der Abstimmung die Schuld dafür tragen, dass Slowenien kein sicherer Staat mehr sein wird.

Es gab in der Zeit unmittelbar vor der Volksabstimmung mehrere Einschüchterungsversuche. Die Redakteure der öffentlich-rechtlichen Medien (RTV Slovenija) mussten sich oft mit dem Vorwurf auseinandersetzen, sie sorgten nicht genug für eine entsprechende Vorstellung der für den Staat wichtigen Projekten (wie den NATO Beitritt). Das Problem liegt daran, dass die Minister die Sendungen der öffentlich-rechtlichen Medien als Dienst am Staat verstehen.

Und noch ein Beispiel, wie das Presseamt das Informieren mit dem Propagieren vertauschte. Das Presseamt finanzierte aktuelle Informationssendungen bei den lokalen Fernsehstationen und erklärte diese finanzielle Unterstützung als Koproduktion. Dadurch waren diese Stationen automatisch im Dienst der Regierungskampagne. Das Mediengesetz setzt aber fest, dass aktuelle Informationssendungen nicht gesponsert werden dürfen.

Das sich die politische Macht eine solche Druckausübung während der Wahlkampagne gegenüber den Journalisten erlaubte, zeigt die Unfähigkeit der politischen Klasse Sloweniens für einen offenen und gesunden Diskurs mit ihren Gegnern. Damit zeigt der junge Staat, der Slowenien sicher ist, immer noch politische Unreife.