von Izabela Dachtera, Polen

Die Bundestagabgeordneten von SPD und CDU haben mit Bestürzung und Bedauern auf den Beschluss des polnischen Parlaments (Sejm) reagiert, Entschädigungsforderungen für Kriegschäden aus dem 2. Weltkrieg an die deutsche Regierung zu richten. Der Beschluss ist offenbar eine Reaktion auf die Forderungen einer deutschen Entschädigungs-Interessengemeinschaft „Preußische Treuhand“, die aber in Deutschland keine politische Unterstützung von offizieller Seite findet.
Die polnische Regierung wird vom Parlament aufgefordert eine Schätzung der Schäden zu erstellen, die Polen durch die deutsche Besatzung erlitten hat. Einige polnische Grosstädte haben die Schätzungen schon vorbereitet (zum Beispiel Danzig).

Von der deutschen Bundesregierung wird in der Resolution verlangt, die Forderungen deutscher Bürger, die von der Vertreibung nach Kriegsende betroffen waren, als unbegründet und nicht rechtmäßig abzulehnen. In Polen gilt diese Resolution vor allem als großer Erfolg der rechtextremen sog. „Liga der Polnischen Familien“. Dennoch herrscht in Polen über alle politischen Lagergrenzen hinweg Einigkeit darüber, dass die Debatte über Entschädigungen und Reparationen von deutscher Seite aufgebracht wurde. Es in Deutschland eine Tendenz gäbe, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zu Lasten Polens neu zu schreiben.

Die Position der „Preußischen Treuhand“, die Polen vor internationalen Gerichten auf Entschädigungen für die Vertriebenen verklagen will und das von der Erika Steinbach geplante „Zentrum gegen Vertreibungen“ werden als Ausdruck dieser Entwicklung gesehen.

Die Entschließung des Sejms steht dennoch im Widerspruch zur offiziellen Position der polnischen Regierung. Bundeskanzler Schröder hatte bei seinem Besuch in Warschau, dem polnischen Präsidenten Kwasniewski gesagt, die mit dem Zweiten Weltkrieg Vermögungsfragen seien „für beide Regierungen kein Thema mehr“. Das polnische Außenministerium teilte dazu mit, dass auch Warschau die Frage der Kriegsreparationen als abgeschlossen betrachte.

Mit großer Hoffnung wurde in Polen eine Deklaration aufgenommen die 70 Politiker, die ursprünglich aus Polen oder Tschechien stammen (unter anderem Wolfgang Thierse oder Peter Glotz),unterschrieben haben, die erklärt, dass sie keine Entschädigungsforderungen für Kriegsschäden erheben wollten und es ablehnen, Polen vor internationalen Gerichten zu verklagen. Diese Erklärung, die vor ein paar Wochen von der Journalistin Helga Hirsch vorbereitet wurde, ist eine Antwortung auf die Entschädigungsforderungen der „Preußischen Treuhand“.

Es ist bei aller Hoffnung sehr schade, dass es Helga Hirsch nicht gelungen ist, einen hochrangigen Vertreter des „Bund der Vertriebene“ von ihre Deklaration zu überzeugen und zur Unterzeichnung zu bewegen. Die deutsch-polnische Debatte über Entschädigungsforderungen für Kriegsschäden kann endlos dauern. Die meisten Polen und Deutsche, die mit der Politik nichts zu tun haben, können sich letztlich nur fragen: Wozu?


Konversation wird geladen