von Askold Yeromin, Ukraine

Wenn man über die Pressefreiheit in der Ukraine spricht, muss man über "Temnyky" sprechen. Das Schlagwort "Temnyky" ist im letzten Jahr in der Ukraine sehr bekannt geworden. Das Wort "Temnyky" hat eine doppelte Bedeutung. Einerseits steckt im Wort "Temnyky" die Bedeutung von "temnyj", ukrainisch für "dunkel". In der Sprache der Medienmacher bezeichnet das Wort außerdem ein bestimmtes Thema, das eine bestimmte Rolle in den Fernsehnachrichten und Kommentaren der Zeitungen spielen soll. Per Anweisung.

Jeden Tag bekommen die staatlichen ukrainischen Medien (und auch der eine oder andere private Sender) von der Informationsabteilung der Präsidialadministration Ratschläge und Empfehlungen, die von den Journalisten "Temnyky" genannt wurden. In diesen "Temnyky" geht es darum, welche Ereignisse in der Berichterstattung zur Innen- und Außenpolitik unbedingt und möglichst breit angelegt gezeigt, geschrieben und besprochen werden sollen. Und natürlich auch, welche Ereignisse von den Journalisten zu ignorieren sind. Ein Beispiel: 30 Mitglieder der Regierungspartei senden Blumen zum Denkmal eines berühmten Schriftstellers. Dann fällt der Rat in den "Temnyky" ungefähr so aus: "Das Thema ist sehr wichtig. Das Thema sollte unbedingt mit zahlreichen Kommentaren und Berichten präsentiert werden". Und umgekehrt: Wenn es darum geht, dass sich mehr als 100 000 Menschen aus allen ukrainischen Regionen in der Hauptstadt Kiew versammeln, um den Chef der Opposition als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen, empfehlen die "Temnyky", dieses Thema schlicht zu ignorieren.

Das ist so unglaublich, dass man meint, man wäre in einem schlechten Traum gelandet. Wäre es so, könnte man ja aufwachen. Die Realität ist aber, dass viele ukrainische Journalisten unter diesen verrückten Bedingungen arbeiten müssen. Und ein Ausweg? Zumindest muss man versuchen, einen zu finden.

"Der Ring muss unbedingt vernichtet werden", sagte der Held des Films "Der Herr der Ringe". Ich glaube, dass die ukrainischen Journalisten diese Worte wiederholen sollten. Mit kleinen Änderungen natürlich. Etwa so: "Die staatlichen Medien müssen unbedingt vernichtet werden!". Dazu kann man mir natürlich die Frage stellen: "Glaubst du, dass die privaten Medien die Situation der Pressefreiheit verbessern können? Denn die "Temnyky" werden auch an ihren Adressen geschickt. ".

Na ja, ohne Zweifel sind die privaten Medien nicht die endgültige Lösung des Problems. Aber: Heute bekommen die "Temnyky" nur die privaten Medien, die dem Leiter der Präsidialadministration und dem gleichzeitigen SDPU(O) Vorsitzende gehören. Aber die Medien, die dem Unternehmer Wiktor Pintschuk gehören, ignorieren die "werten" Ratschläge. Es ist dabei sogar nicht entscheidend, dass Wiktor Pintschuk der Verwandte des Präsidenten ist. Als Unternehmer hat er seine eigenen Interessen. Und die haben mit "Temnyky" nichts zu tun. Deshalb werden sie von seinen Zeitungen und Fernsehkanälen ignoriert.

Es wäre noch besser, wenn es in der Ukraine endlich öffentlich-rechtliche Sender gäbe, die nicht Geld von ihrem Besitzer, sondern aus Gebühren von ihren Zuschauern oder Zuhörern bekommen würden. Leider kann man bis heute von diesen Medien nur träumen. Trotzdem stirbt die Hoffnung zuletzt. Wer weiß? Vielleicht wird sich die ukrainische Medienlandschaft nach den Präsidentenwahlen endlich verändern. Ohne dunkle "Temnyky" wird sie heller!


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