von Irina Ghulinyan, Armenien

Armenien steht vor den Präsidentschaftswahlen, die im Februar des 2008 stattfinden. Die zweite Amtszeit des Präsidenten Robert Kotscharyan geht zu Ende, und laut der Verfassung Armeniens darf er nicht ein drittes Mal als Kandidat auftreten.

Das heißt, dass Armenien vor der Wahl steht: wird das Land unter der Führung des neuen Präsidenten auf dem Kurs bleiben, den es bisher eingeschlagen hat, oder wird es Veränderungen in der Innen- und besonders in der Außenpoltik geben.

Unter realistischen Gesichtspunkten betrachtet, die es zur Zeit in der südkaukasischen Region gibt, auch die geografisch ungünstige Lage Armeniens, wird jeder Politiker, der sich der Präsidentschaftswahl stellt, stark herausgefordert. Ein außenpolitisches Konzept vorzuschlagen, dass denen bis heute geltende Realitäten der Region nicht schadet bzw. sie maximal verbessert.

Diese Gegebenheiten spiegeln sich in den Formeln, von denen der amtierende Präsident immer spricht: Armenien muss eine komplementäre (complementary) Außenpolitik führen und sich darauf kozentrieren, von den Interessen der politischen Spieler in der Region zu profitieren, sonst wird es einem kleinen Land, wie Armenien ist, schwer fallen seine eigene Interesse unter Umständen auch gegen die großen Spieler durchzusetzen.

Armenien hat Grenzen mit vier Staaten: Türkei, Iran, Aserbaidschan und Georgien. Gelegentlich sind die Grenzen zu Aserbaidschan und der Türkei geschlossen. Bei der Türkei geht es um das Problem des Genozides an den Armeniern und mit Aserbaidschan um den Karabachkonflikt.

Also, die außenpolitischen Hauptfragen, die bei der Kandidatur zur Präsidentschaft im Wahlkampf zu klären sind, sind folgende:

  1. Wie wird es mit den Verhandlungen zum Karabachkonflikt weitergehen?
  2. Welche Vorschläge gibt es, dass Verhältnis zur Türkei zu verbessern ?
  3. Wie muss Armenien sich zwischen Russland und den USA positionieren, die in der Region als politische Hauptakteure gelten?
  4. Sollte Armenien sich nach Europa hin orientieren oder gibt es andere Modelle?
  5. Ist für Armenien eine Mitgliedschaft in der NATO erstrebenswert oder sollte es im Rahmen des GUS-Vertrages über militärische Kooperation bleiben?
  6. Wie soll Armeniens Verhältnis zum Iran sein, v.a. hinsichtlich des internationalen Drucks, der auf den Iran ausgeübt wird?
  7. Wie stellt man sich die Rolle Armeniens in der Region und die Zukunft der Region vor?

Trotzdem hat der offizielle Wahlkampf noch nicht begonnen. Es sind aber schon einige Parteiführer als Kandidaten vorgeschlagen worden:Vazgen Manukyan, National Demokratische Partei Armeniens. Dieser Politiker kandidiert schon das drittes Mal für das Präsidentaschaftsamt. Er war für eine kurze Zeit, in den 90-er Jahren, Armeniens Verteidigungsminister, danach auch Premierminister.Aber schon bei den Präsidentschaftswahlen 1996 war er der Kandidat der Opposition. Heute hält man ihn für einen eher nach Westen als nach Russland orientierten Politiker.

Aram Karapetyan, Partei “Neue Zeiten”. Er kam kurz vor den Parlamentswahlen 2003 aus Russland nach Armenien und nahm an den Wahlen teil aber er hatte keinen Erfolg. Erst bei den Parlamentswahlen 2007. Er stammt aus Eriwan, hat aber lange in Moskau gelebt. Er gibt sich als Politiker, der stark an Russland orientiert ist.

Tigran Karapetyan, Volkspartei Armeniens. Er hat den größten Teil seines Lebens in Russland verbracht und besitzt ein recht hohes Vermögen. Im Jahre 2003 wurde er zum Vorsitzenden der Volkspartei Armenien gewählt ohne früher ein Mitglied dieser Partei gewesen zu sein. Er besitzt einen TV-Kanal und ist Moderator vieler Talkshows. Außerdem organisiert er Wohltätigkeitsveranstaltungen. Er steht für nationale Werte und will auf die Hilfe verzichten, die Armenien aus dem Westen bekommt.

Artur Baghdasaryan, Partei “Das Land der Gesetze”. Er hatte Erfolg bei den Parlamentswahlen 2003 und wurde Vorsitzender des Parlaments. Aber er trat von seinem Posten vorzeitig zurück, weil es Auseinandersetzungen mit den Koalitionspartnern gab. Während der Parlamentswahlen 2007 hatte seine Partei kaum Erfolg. Man hält ihn für einen nach Westen orientierten Politiker.

Serj Sargsyan, Republikanische Partei Armeniens, der heutige Premierminister Armeniens, wird als Favorit der Präsidentschaftswahlen 2008 gehandelt. Von den 90-er Jahren bis heute hat er viele Posten in Regierung übernommen. Er war der Chef der Staatssicherheitorgane, Chef des Präsidentialamtes, Vorsitzender des Staatssicherheitsrates und Verteidigungsminister. Serj Sargsyan hält man für einen Politiker, der außenpolitisch sowohl nach Westen, als auch nach Russland orientiert ist.

Die im Februar des 2008 Jahres vorgesehene Präsidentschaftswahlen in Armenien sind die fünften seit 1991, als das Land seine Unabhängigkeit erhielt.


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