von Sukhbat Baatar, Mongolei

Es gab goldene Zeiten für die mongolische Wirtschaft. Vor zwei Jahren verzeichnete die mongolische Wirtschaft einen Rekordzuwachs von bis zu 17 Prozent. Diese Zeiten sind nun vorbei. Seit über einem Jahr schwächelt die mongolische Wirtschaft: die ausländischen Investitionen sanken um 70 Prozent, die einheimische Währung Tugrug verlor 30 Prozent an Wert gegenüber dem US-Dollar, die Inflationsrate beträgt derzeit fast 15 Prozent und damit verfehlte die Regierung deutlich ihr Ziel, die Inflation unter zehn Prozent zu halten. Die Kaufkraft der privaten Konsumenten verringerte sich deutlich und den Medien zufolge machen hunderte von Firmen in der Mongolei dicht. Im ersten Halbjahr betrug das Wirtschaftswachstum nur etwa fünf Prozent. Es liegt weit hinter den erwarteten Prognosen, nämlich rund neun Prozent. Für einen Industriestaat wie Deutschland ist dies natürlich ein Traumzuwachs. Für ein Entwicklungsland wie die Mongolei ist es im Vergleich zu vorigen Jahren eine große Enttäuschung. Seit der weltweiten Finanzkrise 2009 wuchs die mongolische Wirtschaft stetig zweistellig. Deswegen ist die aktuelle Wirtschaftsschwäche für manche Politiker eine Krise, dessen Erholung einige Jahre dauern könnte.

Im April dieses Jahres verkündete Ministerpräsident Altankhuyag ein 100-Tage Konjunktur-Programm. Das Programm sollte in 100 Tagen die Wirtschaft anzukurbeln beginnen, aber dies konnte keine nennenswerten Erfolge erzielen. Der Traum von einem zweiten Abu Dhabi ist für die Mongolei im Moment geplatzt. Jeder sucht nach einer Antwort. Warum schwächelt die mongolische Wirtschaft? Was kann die Regierung dagegen unternehmen?

Zunächst hat die mongolische Regierung das Vertrauen der ausländischen Inverstoren verspielt. Mit den zunehmenden ausländischen Inverstoren wurde bei mongolischen Politikern der Mut groß, dass die Mongolei es doch alleine schaffen könne und man verschärfte die Regelungen für ausländische Investoren. Seitdem gingen die ausländischen Direktinvestitionen deutlich zurück, zum Teil sind sie auch ganz ausgeblieben. Das Sondergewinnsteuergesetz ist ein Beispiel dafür. Laut Gesetz sollen die Kupfer- und Goldpreise mit 68 Prozent besteuert werden. Die Experten warnten vor seinen negativen Auswirkungen auf ausländische Investoren und den drohenden Vertrauensverlust zur mongolischen Regierung. Trotz der Warnungen beschloss das Parlament das Gesetz. Die Investoren beklagten sich über das Gesetz. Das heutige Ergebnis ist ein fast totaler Ausfall der ausländischen Investoren. Heute möchte es die Regierung wieder gut machen und im Rahmen des 100-Tage Konjunktur-Programms lockerte sie die Regelungen für die ausländischen Inverstoren. Es wird für die Regierung nicht einfach sein, verlorengegangenes Vertrauen wiederzugewinnen. Verbale Versprechungen reichen nicht aus, wenn die Regierung in der Vergangenheit immer das Gegenteil gemacht hat.

Als Nächstes fehlt der mongolischen Regierung Good Governance. Bislang hat die Regierung nichts Ernsthaftes unternommen, die kleinen und mittleren Unternehmen in der Mongolei zu fördern. Die mongolische Wirtschaft ist bis zu etwa 90 Prozent vom Bergbausektor abhängig. Es gibt in der Mongolei fast keine verarbeitenden Industrien (Made in Mongolia). Die Mongolei ist stark auf Importwaren aus den Industriestaaten, u.a. Deutschland, USA, Japan und Südkorea, angewiesen. China ist dabei der größte Handelspartner der Mongolei. Wenn die einheimische Währung stark an Wert verliert, ist es kein Wunder, wenn die Kaufkraft der privaten Konsumenten stark sinkt.

Zum Schluss braucht die Mongolei eine Grundgesetzreform. Laut dem gültigen Grundgesetz liegt die Richtlinienkompetenz nicht beim Ministerpräsidenten, wie üblich in einer parlamentarischen Demokratie, sondern beim Parlament, das über ein Selbstauflösungsrecht verfügt. Im Grundgesetz steht, dass das Parlament die Außen- und Innenpolitik des Landes bestimmt und die Regierung eine Durchführungsfunktion innehat. Aber wer für Aufstieg und Niedergang des Landes Verantwortung tragen soll, steht nicht klar im Grundgesetz. Die übermächtige Legislative mischt sich überall ein und dominiert die Exekutive. Hierfür kann man ein Beispiel bringen: Die einzelnen Minister sind stark vom Vertrauen des Parlaments abhängig. Fast ein einziger Parlamentsabgeordneter kann allein einen beliebigen Minister zu Fall bringen.

Wie lang die Wirtschaftskrise noch andauert, kann bisher keiner sagen, aber eins ist klar, unter dieser Krise leiden am meisten die einfachen Bürger.