30.09.2005 von Ansis Bogustovs, Lettland

5 Minuten

Das Neuste auf dem Medienmarkt in Lettland ist das Erscheinen der kostenlosen Zeitschrift “5 Min_tes" (fünf Minuten). In der jetzigen Situation, wo alles seinen Preis hat und die Abonnementzahlen sogar bei den besten Tageszeitungen sinken, ist das ein sehr tapferer und ganz neuer Schritt.\
Der so genannte “Metro-Typ" wird zunächst in der Hauptstadt Riga verbreitet. Trotzdem kann man schon jetzt sagen, dass erfolgreich lettische- und russischsprachige Leser angesprochen werden, denn die Zeitschrift ist in beiden Sprachen. Das ist ein wichtiges Argument in einem Land, wo 40 Prozent der Einwohner alltäglich die Russische Sprache nutzen.\
Insbesondere für den Verlag “Diena", der die kostenlose Zeitschrift herausgibt, ist dieser Schritt eine Möglichkeit, die eigene Position im Markt zu sichern. Das ist so, weil in den letzten Jahren die Popularität der elektronischen Medien den Printmedien ernsthafte Konkurrenz macht. Dazu kommen noch die sehr schnell steigenden Preisen für die Abonnements der Zeitschriften. Als Resultat hat sich die Reichweite der Printmedien in Lettland seit 1995 um ein Drittel verringert. Eine besondere Rolle spielt dabei die sehr große Konkurrenz - auf einem Markt mit 2,3 Millionen Einwohnern konkurrieren drei Zeitschriften.

In den letzten Jahren stieg auch die Zahl der Yellow-Press-Titel. Gerade das wirde als Grund gesehen, dass die klassischen Tageszeitungen und Zeitschriften an Auflage einbüßen. Eine interessante Tendenz ist auch die Änderung des Verhaltens der Landbevölkerung - man liest mehr lokale Presse. Kurz gefasst, wenn sich eine Familie nur noch eine Zeitschrift leisten kann, dann ist es eher die lokale Zeitschrift. Man glaubt, dass diese Tendenz in Zukunft noch stärker wird, denn die großen Medienkonzerne haben begonnen, die kleinen lokalen Zeitschriften zu kaufen, um auf diese Weise ihre Leser zurückzubekommen. Durch diesen Prozess werden die regionalen und lokalen Medien professioneller und in einigen Fällen sogar viel moderner und farbiger als die großen nationalen Zeitschriften in Riga.

Die wachsende Rolle der regionalen und lokalen Medien kann man besonders gut feststellen während des Wahlkampfes. Denn anders als üblich bekamen gerade die regionalen Medien einen großen Teil der Wahlwerbung der Parteien. Eine Kampagne zum Thema EU in den regionalen Zeitschriften hat beispielsweise zu einer großen Teilnahme am Referendum über den EU-Beitritt geführt.

Aber zurück zu "5 Minuten". Eine Zeitschrift die Ihnen kurz gefasst die wichtigsten Ereignisse des Tages erzählt - und das kostenlos, während sie im Bus zur Arbeit fahren. Der Inhalt der Zeitschrift kann dabei nicht die Erklärung für den geringen Preis sein. In "5 Minuten" gibt es gar nicht so viel Werbung oder Boulevard-Nachrichten. Die Zeitschrift wird gemacht auf der Basis der zweitgrößten lettischen Tageszeitung “Diena". Zusammen mit “Diena" nutzt 5 Minuten die Redaktion, die Räume, technisches Equipment, die Typographie, Photos und anderes mehr.

Natürlich macht das Erscheinen von "5 Minuten" viele andere Zeitschriftenverlage in Lettland nervös. Man könnte aber auch sagen, dass das Erscheinen kostenloser Zeitschriften ein Merkmal der ökonomischen Reife der Medien in Lettland ist. Denn "5 Minuten" wurden auf den Markt gebracht, kurz nachdem in Riga erste Gerüchte aufkamen, dass die Skandinaven eine Gratiszeitung für Riga planen. Andererseits bedroht "5 Minuten" natürlich die klassischen Tageszeitungen á la “Diena". Ein erstes Resultat wird man schon bald feststellen können - wenn die Abo Zahlen im Herbst veröffentlicht werden. Denn wer kauft eine Zeitung, wenn es eine umsonst gibt?
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