30.09.2003 von Arkadiusz Luba, Polen

Die Deutsch-Polnische Debatte zum Zentrum gegen Vertreibungen

Der verbreitete Ausdruck, dass die Bären in Sibirien auf den Straßen herumlaufen, hat sich diesen Sommer unerwartet fast verwirklicht. Das staatliche Naturschutzgebiet „Stolbi“ in Krasnojarsk war für Touristen und Stadtbewohner für etwa einen halben Monat geschlossen. Die Bären fingen an, aus dem Wald auf den Fußgängerpfad hinauszugehen. Die beliebte Stelle und der paradiesische Winkel der unberührten Natur unweit der Stadt sind dadurch unsicher geworden.

Dennoch habe ich persönlich Bären, außer im Zoo, noch nie gesehen. Und dies, obwohl gar nicht weit von uns (nach europäischen Maßen ist es doch recht fern) die Taiga des unpassierbaren Waldes mit Bären und anderen gefährlichen Tieren liegt. Die Entfernungen, die den Europäern riesig erscheinen, sind für die Menschen in Sibirien normal. Es ist überhaupt kein Problem für eine durchschnittliche Krasnojarsker Familie, 300 bis 400 Kilometer im Auto zu fahren, um das Wochenende an einem der zahlreichen Seen oder in den Bergen zu verbringen. Deshalb haben wir im Sommer große Verkehrsstaus auf den Abfahrten aus der Stadt, da man in alle vier Richtungen fahren kann, um ein erholsames Fleckchen in der Natur zu finden.

Es gibt unendlich viele schöne Orte auf unserer Erde. Trotzdem ist Sibiriens Natur etwas ganz besonderes für mich. Es gibt das Sajan- und das Altaigebirge mit unbeschädigten Wäldern und Seen mit der reinsten und heilsamsten Luft. Es zieht mich immer hierher in diese Berge zurück. Hier kann man sich zum Beispiel mit solch interessanten Menschen, wie den Schamanen treffen. Wahre Schamanen, die das Schamanentum von ihren Vorfahren geerbt und erlernt haben, gibt es nur noch sehr wenige. Sie sind schwer zu erkennen und zu finden. Aber ein solches Treffen kann unvergesslich sein. Außerdem kann man den Schamanenpfaden folgen und die Höhlen, in welchen die Schamanen noch heute ihre Rituale durchführen, besuchen.

Wenige wissen, dass es tief in der sibirischen Taiga eine Frau mit dem Namen Agafja gibt, die komplett allein lebt. In den 40er Jahren floh ihre Familie in die Berge aufgrund von religiösen Verfolgungen. Sie lebten viele Jahre ohne Kontakt zur Außenwelt bis Geologen sie im Jahre 1979 fanden. Agafja ist die einzige aus der großen Familie, die am Leben geblieben war, aber sie weigert sich, zu den Menschen zurückzukehren.

Die weltweit bekannteste Stelle in Sibirien ist der Baikalsee – der Schatz und der Stolz unserer Region. Der See ist das größte Frischwasserreservoir mit der vielfältigsten Flora und Fauna. Einige Vertreter des Tier- und Pflanzenreichs kann man nirgendwo sonst auf der Welt finden. Die lokalen Bewohner nennen den Baikalsee den „Heiligen See“, weil er über eine erstaunliche Atmosphäre und eine eigenartige Energetik verfügt. Hier kann man sich sowohl im Sommer als auch im Winter erholen und viele Abenteuer und ungewöhnliche Arten der Erholung, zum Beispiel die Flößerei auf einer Eisscholle oder eine Fahrt im Hundegespann, finden.

„Besser einmal sehen, als sieben Mal hören“, sagt man in Russland. Nach meiner Erfahrung lösen sich viele Vorurteile und Stereotypen in Luft auf, wenn man die Menschen und die Kultur einer anderen Region kennenlernt. Ist es so kalt in Sibirien wie man denkt? Ich bin mir nicht mehr sicher, weil das Klima sich während der letzten Jahre geändert hat und es ein wenig wärmer wurde. Für mich jedenfalls ist es kalt in Sibirien, aber die Kälte wird von der ergreifenden Natur, den verschneiten Bäumen im Winter, den mächtigen Bergen und … den Bären kompensiert.
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