30.09.2008 von Lydia Kokavcova, Slowakei

EU-Kulturhauptstadt 2013 liegt im Osten

Die politische Landschaft Estlands hat sich in den letzten zehn Jahren besser geordnet und es ist klarer geworden, wofür verschiedene Parteien stehen. Dies hat allerdings auch eine Verringerung der Parteienzahl mit sich gebracht.

Waren in den 2003 und 2007 gewählten Parlamenten noch sechs Parteien vertreten, sind es heute, 2011, nur noch vier. Davon sind die stärksten Kräfte im heutigen Parlament Estlands die rechtsliberale Reformpartei und die Sozialdemokraten.

Die zwei anderen im Parlament vertretenen Parteien, die linksliberale Zentrumspartei und die Nationalkonservativen, sind zurzeit innerlich zerstritten bzw. gespalten.

Ende des Jahres 2010 haben die estnischen Behörden aufgedeckt, dass der Parteivorsitzende der Zentrumspartei für seinen Wahlkampf aus Russland Geld erfragt hatte, die Transaktion allerdings verhindert werden konnte. Dies hat sowohl in der Gesellschaft als auch in der Partei eine Protestwelle ausgelöst, von der sich der Vorsitzende allerdings nicht stören ließ.

Im August 2011 hat die Zentrumspartei einen Kongress abgehalten, bei welchem zahlreiche Änderungen der Statuten verabschiedet wurden, die es unter anderem möglich machen, anders denkende Mitglieder ohne weiteres aus der Partei zu werfen. Bei der Wahl des Vorsitzenden haben etwa 60 Prozent für den bisherigen Vorsitzenden gestimmt, der bereits seit 20 Jahren an der Parteispitze ist. 40 Prozent haben für den Alternativkandidaten gestimmt und Neuerungen gewünscht, die allerdings vom Vorsitzenden abgelehnt werden.

Die nationalkonservative Pro-Patria- und Res-Publica-Union ging aus den Parteien Vaterlandsunion und Res Publica hervor. Allerdings ist die Partei bis heute nicht zusammengewachsen und wird stattdessen von den ehemaligen Res-Publica-Politikern dominiert, die ohne Pro-Patria 2007 keine Chance mehr gehabt hätten.

Nach den Wahlen 2011 ist die Dominanz der ehemaligen Res-Publica-Mitglieder und die innerliche Spaltung der Pro-Patria- und Res-Publica-Union noch deutlicher geworden, in der Öffentlichkeit wird über eine Trennung von Pro Patria und Res Publica spekuliert.

Zwei Parteien des letzten Parlaments, der Volksbund und die Grünen, sind an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Das Problem der Grünen war die Orientierungslosigkeit und Unklarheit ihrer Politik und Parteiführung. Der Volksbund, eine der größten Parteien Estlands, ist wegen der innerlichen Streitereien zugrunde gegangen, nachdem der langjährige Parteivorsitzende wegen Korruptionsanklagen vor Gericht musste.

Bisher haben die Spannungen in der Zentrumspartei und der Pro-Patria- und Res-Publica-Union noch nicht zu dramatischen Stürzen der Umfragewerte geführt, die Nachhaltigkeit des Erfolgs dieser Parteien scheint jedoch fraglich. Am deutlichsten haben die Sozialdemokraten zugelegt, die kurz vor der Wahl ihren Vorsitzenden ausgetauscht haben und mittlerweile kämpft die Partei um den Status der zweitstärksten Kraft in der estnischen Politik.
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