Noch nie zuvor war die Europäische Union so gespalten. Die Flüchtlingskrise, die Ergebnisse des Brexit-Referendums, aber auch die Nord-Süd und West-Ost Unterschiede haben Europa erschüttert. Europa hat begonnen, sich zu verändern. Und es verändert sich jeden Tag.
Jeder Mitgliedstaat hat eine Meinung bezüglich der Lösung, aber die Staaten der Europäischen Union sind nicht in der Lage, eine gemeinsame Lösung zu finden.
Selbst der Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, hat vor kurzem in seiner Rede zur Lage der Europäischen Union festgestellt, dass die EU sich in einer „existentiellen Krise“ befindet. Und noch einmal hat er mehr Europa und mehr Integration gefordert.
Einige Tage später hat der EU-Gipfel (zum ersten Mal ohne Großbritannien) in Bratislava stattgefunden. Konkrete Lösungen für die Probleme, welche die EU hat, gab es überhaupt nicht. Dass die Europäische Union eine neue Vision braucht, um attraktiver zu sein, geben die Leader der EU zu. Trotzdem lässt diese Vision auf sich warten. Das Mantra „mehr Europa” ist wirkungslos.
Inzwischen machen die EU-Gegner sich bei immer mehr Menschen beliebt. Der Rechtspopulismus gewinnt immer mehr Anhänger: Österreich, Frankreich, Deutschland, Niederlande und Dänemark sind Länder, in denen die Rechtspopulisten auf dem Vormarsch sind.
In Österreich könnte der Kandidat der rechtspopulistischen Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) bald Bundespräsident werden. Laut einer Umfrage des Figaro und des Senders LCI, die im September durchgeführt wurde, könnte es Marine Le Pen, die Chefin der Front National in Frankreich, im kommenden Jahr in die Stichwahl schaffen. In Deutschland wurde der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern am 4. September neu gewählt und die Alternative für Deutschland (AfD) wurde zweitstärkste Kraft in diesem Bundesland. Obwohl die AfD bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin auf den fünften Platz gekommen ist, hat sie auch hier 14,2% der Stimmen gewonnen. In den Niederlanden sitzt die Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders seit zehn Jahren im Parlament. Die Dänische Volkspartei (DF), die für „dänische Werte” steht, erhielt bei den letzten Wahlen (2015) 21,1% der Stimmen und wurde zur zweitstärksten politischen Kraft in Dänemark.
Obwohl die Rechtspopulisten keine echten Lösungen vorschlagen, sind sie erfolgreich in Ländern, wo die Zahl der Flüchtlinge hoch ist und wo Zukunftsängste (u. a. vor Terror und Arbeitslosigkeit) entstanden sind. Und das passiert auch in Bezirken, wo es eigentlich keine Probleme in diesem Sinne gibt.
Trotzdem scheinen die EU-Leader nicht in der Lage zu sein, zumindest effizient zu kommunizieren, sodass dieses Phänomen gestoppt werden könnte.
Darüber hinaus gibt es bis heute in mehreren Ländern Europas Vorurteile gegenüber Osteuropa oder in Südeuropa gegenüber dem, was in Westeuropa oder Nordeuropa passiert. Die Tatsache, dass die Medien europaweit vor allem über Probleme, die es in dem einen oder anderen Land gibt, berichten, vertieft diese Spaltungen, denn auf dieser Art und Weise werden die bestehenden Vorurteile niemals entkräftet.
Solidarität scheint nur noch ein leeres Wort zu sein. Trotzdem ist es genau diese Solidarität, die die Europäische Union braucht, um zu überleben. Europa ist im Krisenmodus.
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