14.10.2015 von Joachim Ciecierski, Polen

Flüchtlingskrise – Die herzlosen Polen?

Es gibt verschiedene Meinungen, wie die Print-Medien den Online-Zustand überleben könnten. In ein paar Jahren werden die Print-Zeitungen gezwungen sein, auf eine Online-Plattform zu wechseln. Damit wird sich ihr Geschäftsmodell deutlich verändern. Das Online-Business-Model ist aber nicht allmächtig. Nachteile sind vorhanden.

Einerseits können die Online-Zeitungen zurzeit weniger Werbeeinnahmen im Vergleich zu den Print-Zeitungen realisieren, andererseits fallen bei Online-Zeitungen auch die von dem Kaufpreis stammenden Einnahmen weg. Es ist selbstverständlich, dass ohne eine Veränderung der Online-Geschäftsmodelle die momentan noch existenten Tages- und vielleicht auch Wochenzeitungen nicht mehr betriebsfähig sein werden.

1. Durchführbare Lösungen und Probleme der neuen Modelle

a) Online-Abonnements

Die ungarische politische und kulturelle Wochenzeitung Leben und Literatur verwendet seit ungefähr einem Jahr eine ähnliche Methode. Die Print-Zeitung sieht so wie früher aus, aber man kann die früheren Inhalte nicht mehr kostenlos im Internet abrufen. Um diese Vorgehensweise bewerten zu können, brauchen wir mehr empirische Daten.

Diese Lösung ist anscheinend durchführbar, birgt aber ein großes geschäftliches Risiko. Leser, die über 40 Jahre alt sind, werden wahrscheinlich Online-Abonnements kaufen, so wie sie seit Jahrzehnten auch Abonnements für Print-Zeitungen haben. Sie betrachten die Zeitung als Wert und verfügen über eine Kaufbereitschaft.

Die Generationen Z und Y haben sich aber daran gewöhnt, dass sie für Nachrichten nicht bezahlen brauchen. Sie kaufen keine Print-Zeitungen, deshalb wäre es nicht realistisch zu erwarten, dass sie Online-Zeitungen kaufen werden, vor allem wenn es auch kostenlose Online-Zeitungen gibt. Solche Zeitungen werden immer existieren, ohne hohe Qualität anbieten zu können und zu wollen. Trotzdem werden sie, weil sie gratis sind, immer beliebt sein.

Gerade die Online-Zeitungen, die eine höhere Qualität liefern wollen, arbeiten mit viel weniger Journalisten als Print-Zeitungen, haben weniger eigene Inhalte und tiefere Analysen, und können sich nur mit einigen wichtigen Problemen beschäftigen. Diese Tatsache beeinflusst deutlich die Situation der Arbeitskraft in diesem Sektor.

b) Digitale Zeitungen

In Leipzig haben wir uns mit einem Redakteur der Leipziger Volkszeitung getroffen. Die Zeitung hat bereits mit dem Projekt angefangen, digitale Zeitungen auf Tablet PCs verfügbar zu machen. Es wurde mit einem PC-Verkäufer vereinbart, dass Tablet PCs mit einen Abonnement für die digitale Version der Leipziger Volkszeitung für einen günstigen Preis verkauft werden. Das ist auch eine gute Idee, aber bei diesem Modell der digitalen Zeitungen ist noch ein riesengroßes Problem vorhanden: Weder die Print-Zeitungen, noch die digitalen Zeitungen sind interaktiv. Inhalte, die man nicht mitteilen und kommentieren kann, haben Im Zeitalter von Web 2.0 und sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter keine Zukunft.

c) Andere Lösungen, zum Beispiel Flattr

Flattr kann auch eine funktionierende Idee sein: Zu Hause werde ich eine Notiz für den Chefredakteur schreiben, damit Flattr bei der mno.hu eingeführt werden kann. Und doch haben wir kaum Illusionen: Nicht viele Menschen werden die Möglichkeit der freiwilligen Bezahlung nutzen. Diese Situation hat auch mit der ungarischen Lebensqualität zu tun.

2. Pressegebühr – Flucht nach vorn

Diese Ideen sollten bedacht werden. Doch stellt sich immer noch die Frage. Die Online-Presse kann kostenlos gelesen werden, trotzdem ist es ein Produkt mit hohen Herstellungskosten.

Wenn die Zeitungen auf die Kaufpreiseinnahmen verzichten müssen, also wenn die Leser nicht bezahlen, bleiben die Zeitungen langfristig nicht betriebsfähig oder können nur niedrige Qualität produzieren. Natürlich könnte man auch Online-Abonnements verkaufen, aber wie ich es zuvor beschrieben habe, das geschäftliche Risiko dieses Modells ist sehr groß. Die jüngeren Generationen werden dieses Modell für unbekannt halten, weil sie an die kostenlosen Online-Produkte gewöhnt sind. Das ist eine große Gefahr, die von der Presse berücksichtigt werden muss. Die Nachfrage wird sich in diesem Fall in Richtung der kostenlosen Produkte bewegen, auch wenn diese nicht von hoher Qualität sind.

In Deutschland bezahlen alle, die einen Fernseher, ein Radio oder einen Computer besitzen, eine Rundfunkgebühr, damit die öffentlichen-rechtlichen Medien finanziert werden können. Die Bezahlpflicht funktioniert weitestgehend, weil die Inhaber der Geräte diese Medien höchstwahrscheinlich auch nutzen, oder wenigstens besteht dafür die Möglichkeit (in ein paar Monaten wird das Modell verändert und alle Haushalte werden dann eine Abgabe zahlen).

Wer Internet hat, hat auch die Möglichkeit Online-Zeitungen zu lesen, deshalb sollte jeder Staatsbürger, alle Institutionen und Firmen, die einen Internetanschluss haben, Pressegebühr zahlen.

Natürlich dürfen wir nicht vergessen, dass alle Zeitungen in Ungarn private Zeitungen sind. Wir dürfen den Wettbewerb auf dem Markt nicht kaputtmachen. Die Pressegebühr darf der Politik keine Möglichkeit geben, die Presse zu beeinflussen. Deshalb sollte der Gesetzgeber das System der Pressegebühr regulieren.

a) Wer würde bezahlen?

Einwohner, die einen Internetanschluss haben, sollten die Pressegebühr bezahlen. Natürlich sollte man soziale Aspekte wie Gehalt auch berücksichtigen. Die Maximalanzahl der Personen, die in Ungarn besteuert werden können, sind etwa vier Millionen Menschen.

b) Wer würde Geld bekommen?

Das ist die schwierigste Frage in diesem Zusammenhang. Wenn wir nur die vorher als Print-Zeitungen funktionierenden Online-Zeitungen unterstützen würden, wäre die Situation aus Sicht der Zeitungen, die bereits von Anfang nur Online-Inhalte erstellt haben, unfair. Somit sollte jede Online-Zeitung aus den Pressegebühren Geld bekommen, damit der Wettbewerb nicht beeinfusst wird. Zurzeit gibt es in Ungarn vier überregionale Print-Tageszeitungen, drei relevante Online-Nachrichtenportale, etwa 15 kleinere regionale Tageszeitungen und etwa zehn politische Wochenzeitungen. Die Voraussetzungen sollte man sehr genau bestimmen.

Das Ziel der Pressegebühr ist es, den Einnahmeausfall nach der Umstellung auf die Online-Plattform auszugleichen. Damit wird die Qualität des Aufschlusses über Gemeinschaftsangelegenheiten bewahrt. Deshalb würden von diesen Einzahlungen die Zeitungen, die sich mit dem öffentlichen Leben befassen, also die sogenannten politischen Zeitungen teilhaben. Die Magazine, die sich mit anderen Themen (Sport, Kultur, usw.) beschäftigen, würden jedoch keine Zuwendung bekommen.

Man sollte eine Ausschreibung für diese Online-Tageszeitungen durchführen, damit alle an den Pressegebühren teilhaben können. In den Voraussetzungen sollte man natürlich klar definieren, was man als Zeitung definiert (Zum Beispiel: Webseite, die jeden Tag politische und wirtschaftliche Nachrichten zur Verfügung stellt, 10/20/30 Mitarbeiter als Journalisten beschäftigt, eigene Inhalte produziert, wenigstens seit einem Jahr besteht, mit wenigstens 1.000/5.000/10.000 Besuchern pro Tag usw.).

c) Wie würde das Geld verteilt werden?

Die von der Pressegebühr erzielte Summe könnte zum Beispiel nach den Klickzahlen verteilt werden, die die Online-Zeitungen in einem Tag/Woche/Jahr erreichen. Der Gesetzgeber sollte regulieren, wie die Zeitungen das Geld verwenden sollen. Zum Beispiel: die Zeitung soll Inhalt und Infrastruktur entwickeln, oder/und wenigstens 20/40/60 teil- oder vollzeitbeschäftigte Journalisten von diesem Geld einsetzen (damit werden die Arbeitsstellen der Journalisten und dadurch die Qualität auch bewahrt – wir wissen, dass der größte Teil in der Kostenstruktur der Print-Zeitungen mit den Arbeitskraftkosten verbunden ist).

d) Politik

Es ist kein Geheimnis, dass jede Zeitung auf einer politischen Seite steht. Deshalb würde eine aktive Pressegebühr auch im Interesse der Parteien liegen. Dieser Zusammenhang könnte langfristig garantieren, dass der Gesetzgeber das System der Pressegebühren in Ruhe lässt.
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