Einer meiner Bekannten, der Leiter der Personallabteilung in einem Unternehmen in Moskau, hat Anfang des Jahres folgende Aufgabe bekommen: er sollte Nachwuchskräfte aussuchen und einstellen, dabei sind die meisten Mitarbeiter im Unternehmen durchschnittlich 70 Jahre alt. Besonders schwierig scheint die Aufgabe zu sein, wenn man die Gehälter in Moskau mit dem Lebensniveau vergleicht: ein erfahrener Physiker oder Übersetzer verdient in der Regel in einem staatlichen Unternehmen ungefähr 400 Euro monatlich, was eigentlich für Moskau viel zu wenig ist (allein die Metro kostet mehr als 30 Euro monatlich). Da es unrealistisch ist, das Unternehmen mit einem solchem Gehalt für junge Leute attraktiv zu machen, wurde beschlossen, jungen Mitarbeitern 620 Euro monatlich zu zahlen.
Es wurde aber bald festgestellt, dass auch 620 Euro monatlich für junge Physiker und Übersetzer nicht ausreichen. Die Erwartungen der Z-Generation liegen bei etwa 1.000 Euro monatlich. Dabei ist die Qualifikation der jungen Leute umstritten, es fehlt ihnen an Kompetenzen und notwendigem Wissen und auch an Engagement. Ein vor kurzer Zeit eingestellter Kurier wurde gekündigt und nach einem Monat wieder eingestellt. Auf die Frage: „Was hast du denn in diesem Monat alles gemacht?“ hat er folgende Antwort gegeben: „Gar nichts, ich wollte nicht arbeiten, hatte keinen Bock darauf.“
Diese Geschichte wiederholt sich immer wieder in verschiedenen Unternehmen, die junge Menschen einstellen möchten, und ist eben Realität und nicht die Ausnahme. 20 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist eine neue Generation auf den russischen Arbeitsmarkt gekommen – die Menschen, die Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre in Russland geboren wurden – die Generation, die von Psychologen als Generation-Z gekennzeichnet wurde. Nach Ansicht der Experten ist, neben den positiven Momenten, diese Generation im Großen und Ganzen infantil, faul, sie ist nicht bereit zu arbeiten und will auch nicht arbeiten, zudem sind die heutigen Jugendlichen zynisch und haben wenig Vertrauen in Institutionen, was die Lage noch schwieriger macht.
Psychologen sind der Meinung, dass die Psyche dieser Generation stark durch nachhaltigen Stress beeinflusst wurde (der Zusammenbruch der Sowjetunion, Mangel an Ideologien und Richtlinien, keine Perspektiven und insgesamt trübe Aussichten). Damit sind die oben erwähnten Eigenschaften zu erklären, und in der ersten Linie Infantilismus. „Die 20-jährigen sind nicht in der Lage erwachsen zu werden, sie stehen für Kinder-Features und benehmen sich dementsprechend so, als ob sie immer noch Kinder sind“, so die Psychologen. Sie versuchen aber, ihren Platz in der Welt zu finden und ihre Identität zu entwickeln, was besonders schwierig ist, wenn man die wirtschaftliche Lage Russlands betrachtet (die Wirtschaft ist immer noch stark abhängig von der Preis- und Nachfrageentwicklung auf internationalen Rohstoffmärkten).
Als Folge dieser negativen Tendenzen und sozialen Spannungen sind die heutigen Jugendlichen als Mitarbeiter oft unverantwortlich und nicht engagiert, also Mitarbeiter, die sich auf keinen Fall anstrengen möchten. Die 20-jährigen in Moskau sind meistens Ich-bezogen (was typisch für Kinder ist) und konsumorientiert. Das Verhalten der Jugendlichen in dem Arbeitsumfeld wird dadurch stark beeinflusst. So erwarten die markanten Vertreter der Z-Generation, dass ein Gehalt nicht weniger als 1.000 Euro beträgt, dabei haben sie oft mangelnde Ausbildung und wenig oder gar keine Erfahrung.
Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird auch dadurch erschwert, dass die Bevölkerungszahlen sinken (von ungefähr 147,0 Millionen im Januar 1989 auf 138,74 Mio. im Jahr 2012, dabei hat Russland die höchste Sterberate Europas und die niedrigste Geburtenrate, gemäß diesem Trend wird die Bevölkerungszahl Russlands auch in Zukunft sinken, die Prognosen stehen bei ca. 132,3 Mio. im Jahr 2025) und die Bevölkerung wird immer älter.
Infolge der demografischen Entwicklung und der oben erwähnten Faktoren sind die Arbeitgeber in Russland in eine richtig schwierige Situation geraten. Besonders kompliziert ist die Lage von Personalabteilungen der staatlichen Unternehmen (wie in diesem Beispiel). Dazu ist das Prestige der Handwerksarbeit in Russland in der letzten Zeit stark gesunken. Die Generation Z will nichts mit körperlicher Arbeit zu tun haben. „Wenn das Leben nur ein Spiel ist, dann soll man wenigstens Spaß dabei haben“, so denken die Vertreter der Z-Generation und zeigen in ihrem Arbeitsumfeld oft das „virtuelle“ Resultat. Da selbst das Management-Team von Personalabteilungen der russischen Unternehmen oft nicht im Stande ist, eine Antwort auf diese Herausforderung zu finden, nimmt die Situation auf dem russischen Arbeitsmarkt bedrohliche Maßstäbe an.
Manche Experten sind der Meinung, dass die Generation Z den russischen Arbeitsmarkt ruinieren wird. Und die Frage bleibt offen, ob vielleicht die neue Generation dann das Land wieder aufbaut?
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