30.09.2009 von Eva Pietová, Slowakei

Slowakei tritt aus dem Schatten der Nachbarn

Die Slowakei hat am 1. Januar 2009 den Euro angenommen. Ein großer Schritt, der nicht nur entscheidenden Einfluss auf die slowakische Wirtschaft hatte, sondern das ehemalig schwächste Land der Visegrád-Gruppe (V4) zum regionalen Gewinner katapultierte. "Slowakei tretet aus dem Schatten der Nachbarn," schrieb kurz zuvor die anerkannte Schweizer Tageszeitung Neue Zürcher Zeitung.

Die Slowakei wurde lange Jahre für einen armen und wirtschaftlich nicht sehr entwickelten Teil der ehemaligen Tschechoslowakei gehalten. Mit dem Eintritt zur Eurozone Anfang des Jahres 2009 ist aber das schwarze Schaf endgültig aus dem ökonomischen Schatten seiner Nachbarn gestiegen, hieß es in der Zeitung, wobei sie unterstreicht, dass "das Blatt sich gewendet hat". Und das war auch so.

Der Einführung des Euros ging eine Kampagne voraus, die die slowakischen Bürger auf die neue Währung vorbereiten sollte. Organisatorisch wie auch technisch hat die Nationale Bank der Slowakei die schwere Aufgabe des Währungswechsels gut hingekriegt. Mit den slowakischen Kronen konnten die Slowaken bis zum 16. Januar bezahlen, die dualen Preise auf den Produkten müssen allerdings bis 1. Januar 2010 angegeben werden. Die Euromünzen wurden in der "Goldstadt" Kremnica geprägt, die slowakischen Münzen wurden durch die Banken bis zum 30. Juni gewechselt. Beim Übergang zur neuen Währung wurde der Wechselkurs von 30,126 Kronen pro Euro verwendet. Die Annahme der neuen Währung hatte breite Unterstützung der Bürger. Die meisten haben sich relativ schnell an den Euro gewöhnt, die älteren Leute helfen sich allerdings noch mit der Umrechnung in Kronen.

In vielen europäischen Ländern spürte man nach der Annahme der neuen Währung eine gewisse Nostalgie. Die Italiener weinten nach der Lira, Deutschland konnte sich das Leben ohne die deutsche Mark kaum vorstellen. In der Slowakei war es allerdings anders. Der Abschied von der Krone verlief ohne Gefühlsausbrüche. Der letzte Währungswechsel fand doch vor nur 15 Jahren statt, als zusammen mit der Tschechoslowakei auch die tschechoslowakische Krone aufhörte zu existieren. Wichtiger als die Nostalgie ist das Prestige. Wir sind letztendlich der erste Visegrad-Staat, der den Euro einführen darf, meinten die Slowaken.

Dieses Prestige haben allerdings Tschechien, Polen wie auch Ungarn umgangen. Die Slowakei ist dabei in die Unabhängigkeit im Jahre 1993 aus viel ärmeren Verhältnissen als das selbstbewusste Tschechien oder Ungarn, das am Anfang der ökonomischen Transformation von Osteuropa als das Vorbild-Land für die Region galt, gekommen. Mit der Slowakei sah es an der Wende des Jahrtausends noch hoffnungslos aus, zur Zeit steht jedoch das Land mit beiden Füßen in Europa und versucht den stark erkämpften Boden unter den Füßen auch nicht so schnell wieder zu verlieren. Während die Nachbarn, und vor allem das Vorbildsland Ungarn, vom Grund aus von der globalen ökonomischen Krise erschüttert sind, pflückt die Slowakei die Früchte der Reformpolitik, mit der am Anfang dieses Jahrzehnts die derzeitige Mitte-rechts-Regierung von Premierminister Mikuláš Dzurinda das Land von alten sozialistischen Sünden befreit und es zugleich dank der radikalen Vereinfachung des Steuersystems für die ausländische Investoren attraktiv gemacht hat. Die anderen osteuropäischen Länder, deren Währung durch die Finanzkrise stark gelitten hat, versuchen zur Zeit nach dem Vorbild der Slowakei ihren Eintritt unter dem Schutzschild der Eurozone zu beschleunigen.

Die Annahme des Euros war aber, wie angenommen, von der spürbaren Verteuerung begleitet. Obwohl die linksorientierte Regierung von Premierminister Robert Fico mit Gefängnisstrafen für pfiffige Händler drohte, hat niemand solche Worte wirklich ernst genommen und sie wurden auch nicht in Taten umgesetzt. Die Regierung war mehr darauf konzentriert sich im Glanz "ihres" Erfolgs zu sonnen. Der Finanzminister Ján Po?iatek wurde sogar für seinen Beitrag zur Annahme des Euros in der Slowakei in der Januar-Ausgabe des prestigeträchtigen britischen Monatshefts The Banker, das zur Financial Times Gruppe gehört, zum "besten europäischen Finanzminister im Jahr 2008" gekürt. Der bis jetzt größte "Beitrag" der Regierung von Robert Fico bestand allerdings vor allem darin, dass er nach seinem Machtantritt im September 2006 die Wirtschaftsreformen, die sein Vorgänger Dzurinda einführte, nicht rückgängig machte, wie ursprünglich angekündigt.

Trotz erster Schwierigkeiten ist die Annahme des Euros eine Chance für die Slowakei, die das Land auch nutzen will. Es geht dabei nicht nur um ein "besseres Image", sondern vor allem um die zukünftige wirtschaftliche Stabilität des postkommunistischen Staates innerhalb der Europäischen Union. Als das 16. Land der Eurozone haben sich in der die Slowakei die Möglichkeiten auf ein langfristiges Wachstum, Beschäftigung und Inflationskontrolle verbessert, sagte am 1. Januar der Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, der das Land als ein neues Mitglied in der Euro-Familie willkommen hieß. Zugleich bezeichnete er die Slowakei als ein überzeugendes Symbol des wirtschaftlichen und politischen Fortschritts und europäischer Integration.
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